Gutachten öffentlich vorgestellt: Einkommens- und Vermögensanrechnung verstößt gegen Verfassung
Die derzeit praktizierte Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist mit der UN-Behindertenrechtskonvention rechtlich unvereinbar und stellt zudem einen Verstoß gegen die Verfassung dar. Zu diesem Ergebnis kommt ein juristisches Gutachten der Berliner Humboldt Law Clinic für Grund- und Menschenrechte. Das Gutachten wurde von Larissa Rickli und Anne Wiegmann im Auftrag der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) erarbeitet und heute im Kleisthaus in Anwesenheit der Autorinnen und des Bundesbehindertenbeauftragten Hubert Hüppe erstmals öffentlich vorgestellt.
"Gerade im Hinblick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen stellt das Rechtsgutachten ein wichtiges Signal für die Schaffung eines einkommens- und vermögensunabhängigen Bundesteilhabegesetzes außerhalb des Sozialhilferechtes dar", erklärte Hans-Günter Heiden, Pressesprecher der ISL. Denn behinderte Menschen müssen nicht nur regelmäßig einen Teil ihres Einkommens abgeben, wenn sie Leistungen zur Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben beziehen. Sie dürfen auch nur 2.600 Euro ansparen. Der Rest muss ans Sozialamt abgeführt werden, bzw. bevor dieses Vermögen verbraucht ist, werden keine Leistungen gewährt. Auch PartnerInnen werden mit in die Haftung genommen, so dass ein Ehepaar beispielsweise zusammen nur 3.200 Euro ansparen darf. „Damit werden behinderte Menschen, ihre PartnerInnen und Kinder arm gemacht“, so Hans-Günter Heiden. Hubert Hüppe schloss sich in seiner Stellungnahme dieser Argumentation an und betonte: "Ich hoffe, dass das Gutachten dazu beiträgt, die jetzige Situation zu verändern und auch die Endphase der Koalitionsverhandlungen mit zu beeinflussen",
Das Gutachten ist im Internet abrufbar unter
Weitere Informationen gibt es unter www.teilhabegesetz.org
Foto - Wiebke Schär (von links): Hubert Hüppe, Larissa Rickli, Anne Wiegmann