Teilhabe behinderter Menschen durch ein Bundesteilhabegesetz stärken
Im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD in der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales tritt die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) für die Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes für behinderte Menschen außerhalb des Sozialhilferechts ein. Die Koalitionsarbeitsgruppe wird voraussichtlich am Samstag, den 16. November, über die Reform der Eingliederungshilfe und damit über die Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes für behinderte Menschen beraten.
Die ISL fordert, dass in einem möglichst schnell zu schaffenden Bundesteilhabegesetz die Abschaffung der Anrechnung des Einkommens und Vermögens bei Leistungen für behinderte Menschen verankert wird und die Leistungen aus dem Sozialhilferecht herausgelöst werden. „Die derzeitigen Regelungen machen behinderte Menschen, die auf Hilfen angewiesen sind, und ihre PartnerInnen lebenslang arm, da nur 2.600 Euro bzw. für Ehepaare insgesamt 3.200 Euro angespart werden dürfen“, erklärte Ottmar Miles-Paul, der für das NETZWERK ARTIKEL 3 eine Kampagne zum Teilhabegesetz koordiniert, in der auch die ISL aktiv mitwirkt. Zudem fordert die ISL die Einführung eines bundeseinheitlichen Teilhabegeldes, dass die unterschiedlichen Gruppen behinderter Menschen berücksichtigt. Damit soll die Selbstbestimmung und Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben einkommens- und vermögensunabhängig gestärkt werden.
„So wichtig es ist, dass die Kommunen und die Länder durch die Übernahme von Kosten der Eingliederungshilfe durch den Bund entlastet werden. Genauso so wichtig ist es, dass die Rechte und die Wahlfreiheit behinderter Menschen gestärkt werden. Im Sinne einer gleichberechtigten Teilhabe muss endlich die von Deutschland bereits 2009 ratifizierte Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen mit Hilfe eines Bundesteilhabegesetzes umgesetzt werden“, erklärte Ottmar Miles-Paul. Behinderte Menschen müssten mit Hilfe eines bundeseinheitlichen Teilhabegeldes sowie durch personenzentrierte statt einrichtungsorientierte Hilfen verstärkt dabei unterstützt werden, mitten in der Gemeinde leben und auch außerhalb von Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten zu können. „Hierfür braucht es eine passgenaue Unterstützung“, so Ottmar Miles-Paul. Ein Bündnis von Behindertenverbänden hat daher für die Koalitionsverhandlungen eine Formulierung vorgeschlagen, die sie an die Mitglieder der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales geschickt haben. Der Formulierungsvorschlag lautet:
„In Zusammenarbeit mit den Ländern soll zu Beginn der Legislaturperiode ein Bundesteilhabegesetz außerhalb der Sozialhilfe verabschiedet werden, das sich an der UN-Behindertenrechtskonvention orientiert. Dabei sollen die Hilfen für behinderte Menschen einkommens- und vermögensunabhängig sowie bedarfsdeckend gestaltet, ein Bundesteilhabegeld eingeführt und Expertinnen und Experten behinderter Menschen und ihrer Verbände intensiv und frühzeitig am Gesetzgebungsprozess beteiligt werden.“
„Wir hoffen, dass die Mitglieder der Koalitionsarbeitsgruppe Arbeit und Soziales die Belange behinderter Menschen ernst nehmen und behinderte Menschen und ihre Verbände zukünftig intensiv am Gesetzgebungsverfahren beteiligen. Das Forum behinderter Juristinnen und Juristen hat beispielsweise bereits einen Gesetzentwurf formuliert, der eine gute Grundlage für die Erarbeitung eines Bundesteilhabegesetzes bieten kann“, so Ottmar Miles-Paul.
Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der Kampagne für gesetzliche Regelungen zur sozialen Teilhabe unter www.teilhabegesetz.org