Bundesteilhabegesetz darf nicht zum zahnlosen Tiger werden
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- Erstellt: Freitag, 13. März 2015 07:19
Mit großer Sorge blickt die Bundesgeschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), Dr. Sigrid Arnade, auf die aktuellen Entwicklungen in Sachen Bundesteilhabegesetz. Einerseits habe Bundessozialministerin Andrea Nahles in Nürnberg zugesagt, dass das Gesetz 2016 verabschiedet wird. Andererseits zeichne sich ab, dass die Entlastung der Kommunen um fünf Milliarden Euro vom Bundesteilhabegesetz entkoppelt und dem Gesetz damit die entscheidenden Zähne gezogen werden. "Wir sind zutiefst besorgt und verärgert, dass dem bisher äußerst engagiert und in weiten Bereichen vorbildlich beteiligungsorientiert gestalteten Prozess für die Schaffung des Bundesteilhabegesetzes nun die finanziellen und damit auch inhaltlichen Zähne gezogen werden. Während wir in der letzten Legislaturperiode damit hingehalten wurden, dass die Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes mit der Entlastung der Kommunen um fünf Milliarden Euro in der nächsten Legislaturperiode gekoppelt werden soll, sieht nun plötzlich die Welt wieder ganz anders aus. Die Worte von gestern und die im Koalitionsvertrag verhandelten Ziele scheinen für die FinanzpolitikerInnen der Regierungskoalition heute nichts mehr wert zu sein. Diese wollen nun das Geld an die Kommunen verteilen, ohne dass deren Entlastung direkt mit längst überfälligen Reformen in der Eingliederungshilfe und der Gesetzgebung für behinderte Menschen verbunden werden. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch ein Schlag ins Gesicht der SozialpolitikerInnen", erklärte Dr. Sigrid Arnade im Anschluss an die gestrige Sitzung der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz im Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Sollte die im Rahmen der Schaffung des Bundesteilhabegesetzes veranschlagte Entlastung der Kommunen durch den Bund von fünf Milliarden Euro beispielsweise in Form eines von der Eingliederungshilfe losgelösten allgemeinen Investitionsprogrammes fließen, gibt es nach Ansicht von Dr. Sigrid Arnade kaum mehr finanziellen Spielraum für die längst überfällige Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe behinderter Menschen. Das Bundesteilhabegeld dürfte dann genauso schwer durchzusetzen sein, wie die Abschaffung der Anrechnung des Einkommens und Vermögens. Und ob die dringend nötige Öffnung der Türen aus den Sonderwelten für ein Leben mitten in der Gemeinde dann wirklich voran getrieben wird, bleibe auch fraglich.
"Aus dem geplanten großen Sprung könnte dann wieder einer der kleinen Hüpfer werden, mit denen wir in der Behindertenpolitik schon seit vielen Jahren abgespeist werden. Besonders im Vorfeld der Staatenprüfung durch die Vereinten Nationen in Sachen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention fordern wir die VertreterInnen der Bundesregierung und die Abgeordneten der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD auf, die Bindung der Entlastung der Kommunen im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes sicher zu stellen", erklärte Dr. Sigrid Arnade.