Protesttag: "Besser kein Gesetz als dieses!"
- Details
- Erstellt: Mittwoch, 04. Mai 2016 18:29
Auf der zentralen Protestkundhebung behinderter Menschen am Brandenburger Tor in Berlin hat Sigrid Arnade, die Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) die derzeitigen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung kritisiert: "Es wird sich damit gebrüstet, dass mit den neuen Gesetzen die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt und Menschenrechte verwirklicht werden sollen. In Wirklichkeit wird das Gegenteil getan und mit dem Entwurf zum Bundesteilhabegesetz wird sogar an uns gespart!"
Arnade bezog sich in ihren Worten vor tausenden DemonstrantInnen zunächst auf die Neuregelung beim Behindertengleichstellungsgesetz, bei dem die privaten Rechtsträger trotz aller Proteste nicht einbezogen werden sollen: "Abwarten und auf Einsicht der Privaten hoffen, wird uns gesagt. Die Erfahrung zeigt uns aber", sagte Arnade, "dass dies nicht funktioniert!"
Der Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention garantiere die freie Wahl von Wohnort und Wohnform, so Arnade. Aber anstatt im geplanten Bundesteilhabegesetz (BTHG) dieses Recht auch umzusetzen, werde es weiter eingeschränkt, so Arnade. Eingeschränkt werde auch der Kreis der Leistungsberechtigten, wenn es nicht mehr um reale Bedarfe, sondern um bürokratische Kriterien gehe. "Außerdem ist es menschenrechtlich geboten, dass behinderungsbedingte Leistungen einkommens- und vermögensunabhängig erbracht werden, damit Menschen mit Behinderungen einen ähnlichen Lebensstandard verwirklichen können wie nichtbehinderte Menschen." In dem vorliegenden Gesetzentwurf, so Arnade, seien jedoch nur die Vermögensgrenzen angehoben worden und die Einkommensanrechungen modifiziert. Von den erhöhten Vermögensgrenzen werde jedoch kaum jemand profitieren und die Einkommensanrechnung sei letztlich auch nur ein Nullsummenspiel.
"Die minimalen Verbesserungen im geplanten BTHG, etwa die verbesserte Mitsprache in Werkstätten oder die unabhängige Beratung können schnell durch eine einfache Novellierung im Sozialgesetzbuch IX umgesetzt werden", forderte Arnade. "Ansonsten sollte man sich von diesem Spargesetz auf dem Rücken der Betroffenen verabschieden!"
Nach Abschluss der Kundgebung zogen dutzende DemonstrantInnen vor das Arbeitsministerium und veranstalteten dort ein Pfeifkonzert, um zu zeigen, was sie von den geplanten Gesetzen halten.