Gesundheitsversorgung chronisch psychisch kranker Menschen sichern!
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) hat in einer Stellungnahme für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ihre Besorgnis über den Referentenentwurf eines "Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen“ (PsychVVG) zum Ausdruck gebracht: "Der Entwurf birgt die Gefahr, dass schwer und chronisch psychisch kranke Menschen zukünftig vom Krankenhaus abgewiesen werden könnten, auch in akuten Krankheitsepisoden", betont Eva Buchholz, ISL-Referentin für Gesundheitspolitik. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der PsychVVG-Entwurf die stationäre Versorgung dieser Patient*innen-Gruppe selbst bei einer akuten Verschlimmerung des Krankheitszustandes gesetzlich als nicht notwendig festschreiben möchte. Zusätzlich sollen denjenigen Krankenhäusern Betten gekürzt werden, die eine „stationsäquivalente Behandlung im häuslichen Umfeld“ erbringen möchten – eine solche Behandlung soll durch das PsychVVG eingeführt werden. Dies würde nach Ansicht der ISL die Konkurrenz um die Betten in psychiatrischen Stationen zusätzlich verschärfen.
"Das PsychVVG muss sicherstellen, dass Menschen im Falle von Suizidalität sowie bei schweren, akuten Krankheitszuständen nicht die Krankenhausaufnahme verweigert wird. Bislang gibt es ein Recht auf Behandlung im Krankenhaus, das notfalls eingeklagt werden kann", so Buchholz. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass dies für die Gruppe der schwer und chronisch psychisch Kranken nicht mehr gelten sollte". Die ISL lehnt deshalb die Einführung der sogenannten „stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlung im häuslichen Umfeld“ in der jetzigen Entwurfsform ab. Ein solches Behandlungsangebot mag nach Ansicht der ISL vielleicht gut gemeint sein, aber es sollte nicht als Ersatz für medizinisch notwendige, stationäre Therapien von vorrangig schwer und chronisch psychisch Kranken dienen, wie es der Referentenentwurf vorsieht. Die ISL plädiert deshalb dafür, sie stattdessen als zusätzliche ambulante Leistung zu definieren. So machten die Überlegungen zu „mobilen Behandlungsteams“ wesentlich mehr Sinn, da sie eine zusätzliche Leistung darstellen würden und nicht der betroffenen Personengruppe im erkrankungsbedingten Notfall ihr Recht auf Behandlung absprechen. "Allerdings", so Buchholz, "wird hieran auch deutlich: Der Gesetzentwurf ist unter Kostengesichtspunkten gestrickt. Es geht nicht darum, Menschen mit psychischen Erkrankungen eine Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, die ihren Bedürfnissen entspricht und wie sie auch von der UN-Behindertenrechtskonvention vorgesehen ist". Das Gesetz soll Ende September in den Bundestag eingebracht werden und zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.