Neues Beatmungsgesetz: Neuer Name, aber alte Gefahr
Berlin, 10. Dezember 2019. „Neuer Entwurf, neuer Name – unterm Strich Verschlechterungen“, kommentiert Horst Frehe vom ISL-Vorstand den neuen Entwurf zu einem Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz aus dem Bundesgesundheitsministerium. „Die größten Bedrohungen aus dem ersten im Sommer vorgelegten Gesetzentwurf für Menschen, die mit Beatmung leben, scheinen zwar abgewendet zu sein,“ so Frehe, „gegenüber der derzeitigen Rechtslage wird die Selbstbestimmung der Betroffenen aber immer noch erheblich eingeschränkt.“
Frehe erklärt, dass bisher die beatmeten Patienten selbst wählen konnten, wo sie ihre Intensivpflege in Anspruch nehmen, zu Hause in der eigenen Wohnung oder in einer Pflegeeinrichtung. Die Krankenkasse hatte „berechtigte“ Wünsche zu berücksichtigen. Künftig sollen nur noch die „angemessenen“ Wünsche der Betroffenen berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass die Krankenkasse die Versorgung auf die stationäre Versorgung beschränken kann, wenn die Behandlung in der eigenen Wohnung wesentlich teurer und ein Wechsel in Pflegeheim für die betroffene Person zumutbar ist. Darüber entscheidet der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MdK). „Damit ist davon auszugehen, dass viele Menschen künftig gegen ihren Willen in eine stationäre Einrichtung gezwungen werden,“ resümiert Frehe.
Der Gesetzentwurf sei außerdem nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vereinbar. Diese sähe zwar einen sogenannten Progressionsvorbehalt vor, der eine schrittweise Umsetzung der Konvention erlaube. „Einen Rückschritt darf es aber keinesfalls geben!“ konstatiert der ehemalige Richter.
Im Übrigen sei das Partizipationsgebot der UN-BRK weder bei der Erarbeitung des Gesetzes umgesetzt worden, noch werde Partizipation bei der Umsetzung realisiert. So sollen die konkreten Anforderungen an die Leistungserbringung ohne die Menschen definiert werden, um die es letztlich geht. Bezüglich des Verständnisses von Menschenrechten stellt Frehe dem Bundesgesundheitsministerium am heutigen Tag der Menschenrechte ein schlechtes Zeugnis aus.