DB verweigert den Einstieg in ICE
- Details
- Erstellt: Mittwoch, 12. Mai 2010 17:08
Wenn sich Bahnkunden mit Rollstuhl auf die Reise machen, ist ein hoher Adrenalinspiegel garantiert, denn wie die Reise verläuft, steht immer in den Sternen. Soweit, so bekannt, so schlecht. Am Abend des 8. Mai 2010 erlebte ISL-Referentin Eileen Moritz jedoch einen unglaublichen Fall von Diskriminierung, der den Fällen gleicht, in denen in jüngster Zeit hartleibige Bahn-Mitarbeiter Kinder aus dem Zug gewiesen hatten.
Doch diesmal war es umgekehrt: Man ließ Eileen Moritz im Nürnberger Hauptbahnhof erst gar nicht einsteigen, obwohl die ICE-Tür geöffnet war, der Hublift dastand, daneben eine Bahn-Mitarbeiterin und es noch mehrere Minuten Zeit gab. Doch lassen wir Eileen Moritz die Geschichte selbst erzählen: Am Samstag den 8. Mai 2010 fuhr ich nach der ISL-Mitgliederversammlung mit dem Regionalexpress RE4248 von Regensburg nach Nürnberg Hauptbahnhof. Der Zug erreichte Nürnberg Hauptbahnhof überpünktlich um 16:25h. (Geplante Ankunft war 16:27h). Ich fuhr mit meinen KollegInnen Barbara Vieweg und Jörg Bansemer, die, genau wie ich, den ICE 1504 um 16:33h auf Gleis 6 erreichen wollten. Im RE 4248 wurde die Durchsage gemacht: Sie haben Anschluss an den ICE 1504 nach Berlin Hauptbahnhof. An dieser Stelle wusste ich noch nicht, dass diese Durchsage für alle Fahrgäste gelten sollte, nicht aber für mich. Bereits im RE4248 telefonierte die begleitende Angestellte mit dem Hauptbahnhof Nürnberg, und teilte mit, dass ich als Fahrgast im Rollstuhl den Zug ICE 1504 um 16:33h erreichen müsse. Ich wurde dann, auch durch die Hilfe anderer Mitreisender, zügig aus dem RE 4248 befördert und konnte bis 16:30h den Bahnsteig 6 erreichen. Dies weiß ich sehr genau, weil ich auf dem Weg zum Wagen 9 direkt unter der Bahnhofsuhr durchfuhr, und ich mich darüber freute, wie gut und schnell ich den Bahnsteigwechsel hinter mich gebracht hatte. Bezeugt werden kann dies durch meine Arbeitsassistentin, die mich begleitete. Eine Angestellte der Bahn stand auch bereits vor dem Wagen 9 und wurde von der Kollegin Vieweg in Kenntnis gesetzt, dass ich in den ICE 1504 einsteigen wolle. Ich winkte auch bereits aus einigen Metern Entfernung und war an dieser Stelle das erste Mal darüber verwundert, dass die Mitarbeiterin sowohl den Anruf aus dem RE 4248 als auch das Gespräch mit Frau Vieweg und meine Ankunft auf dem Bahnsteig nicht zum Anlass nahm, den Hublift, der unmittelbar hinter ihr stand, in Bewegung zu setzen. Am Wagen 9 angekommen, bat ich die Angestellte zunächst höflich, mir den Einstieg in den Zug zu ermöglichen. Dies verweigerte sie. Daraufhin entwickelte sich eine heftige Diskussion darüber, warum sie nicht in der Lage sei, mir den Einstieg in den Zug zu ermöglichen. Ein absurdes Argument von ihr war, dass angeblich in Berlin niemand zur Verfügung stehen würde, mich aus dem Zug zu holen. So stand ich fassungslos und völlig ausgeliefert drei Minuten vor der offenen Zugtür, um dann zusehen zu müssen, wie sich die Tür schloss und der Zug vor meinen Augen wegfuhr. In der Zeit, in der die Mitarbeiterin lauthals diskutierte, anstatt mir den Zugang zum Zug zu ermöglichen, berief sie sich darauf, dass ich angeblich erst für den Zug um 17:33h gebucht sei. Dazu ist anzumerken, dass der Mobilitätsdienst, bei dem die Reise angemeldet war, behauptet hat, man könne das Gleis nicht innerhalb von acht Minuten erreichen, was in meinem Fall eindeutig nicht den Tatsachen entspricht. Darauf hatte ich bereits vor Reiseantritt in einer Diskussion mit dem Mobilitätsdienst hingewiesen. Dieser meinte dazu nur lakonisch: Wir buchen sie auf keinen Fall früher, doch wenn Sie es rechtzeitig auf den Bahnsteig schaffen, können Sie ja den früheren Zug nehmen. Meine zu Fuß gehenden KollegInnen konnten den Zug eigenständig besteigen und saßen somit bereits im Zug. Ich hingegen wurde aufgrund des abfahrenden Zuges von Ihnen getrennt. Die Konsequenz war, dass ich und meine Assistentin eine Stunde warten mussten, dann einen zusätzlichen Zwischenstopp mit Aufenthalt von 30 Minuten hatten, umsteigen mussten, um dann in Berlin statt um 21:05h, erst um 22:53h anzukommen. Soweit der Bericht von Eileen Moritz. Nach Ansicht der ISL ist dies ein eklatanter Fall von Diskriminierung und ein Verstoß gegen sämtliche Gesetze, die eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung verbieten. Ein ähnlicher Fall hatte sich übrigens vor einiger Zeit in NRW zugetragen, als sich ein Fahrgast im Rollstuhl bereits auf dem Hublift befand und der Zug ohne ihn abfuhr. Die ISL-Bundesgeschäftsstelle will jetzt Rechtsmittel prüfen: Diese beziehen sich sowohl auf dienstrechtliche Konsequenzen für die entsprechende Mitarbeiterin als auch auf Schadenersatzforderungen gegen die Deutsche Bahn.