Deutsche Bahn: Fortbildung statt Trostpflaster

Porträt von Sigrid Arnade (c) ISL e.V.Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland ( ISL) verschenkt zwei Reisegutscheine der Bahn, die sie als Ausgleich für erlebte Diskriminierung erhalten hat. „Wir wollen keine Trostpflaster, wir wollen, dass sich bei der Bahn etwas ändert,“ erläutert ISL-Geschäftsführerin Dr. Sigrid Arnade. Deshalb will die ISL die DB-Angestellten im Service fortbilden und hat eine entsprechende Nachricht an die Leiterin der Mobilitätszentrale gesandt.

Zum Hintergrund: Die ISL-Geschäftsführerin Dr. Sigrid Arnade und die ISL-Referentin Eileen Moritz konnten auf ihrer Dienstreise nach Dresden keinen durchgehenden Zug nutzen, weil dieser keine Abteile für rollstuhlnutzende Reisende führte. Stattdessen mussten sie umsteigen, waren länger unterwegs und mussten einen höheren Preis bezahlen. Nach ihrem Protest  erhielten sie von der Bahn zwei Reisegutscheine á 20 Euro. „Wir möchten diese Gutscheine an zwei kobinet-LeserInnen verschenken“, sagt Arnade.
Wie notwendig Fortbildungen von Bahn-Mitarbeitenden zu einem menschenrechtlichen Verständnis von Behinderung sind, erlebte Arnade auf ihren Bahnreisen in den letzten Wochen:
Berlin-Spandau: „Dann müssen wir den Zugführer mal fragen, ob er Sie mitnimmt“, sagte eine Bahn-Mitarbeiterin zu der ISL-Geschäftsführerin, als diese wegen erheblicher Verspätung des gebuchten Zuges in einen anderen Zug einsteigen wollte. „Bei keinem anderen Reisenden käme jemand auf die Idee, den Zugführer zu fragen,“ kommentiert Arnade.
Hannover Hauptbahnhof: Am Servicepoint wurde es fast laut, weil der Bahn-Mitarbeiter darauf bestand, dass Arnade bei ihm abgeholt und auf Gleis begleitet wird. Als Arnade sich durchsetzte, schickte er sie ans falsche Ende des Bahnsteigs.
Berlin-Hauptbahnhof: Hier erlebte die ISL-Geschäftsführerin den Höhepunkt: Im Untergeschoss unter dem Toilettenblock war ein Bahnsteigabschnitt gesperrt, weil es aus der Decke tropfte. Die Zugtür, in die Arnade mit Hublift einsteigen sollte, hielt jedoch exakt in diesem Bereich. Die Sperrungen wurden entfernt, Reisende stiegen aus, bekamen Tropfen ab, Arnade wurde in diesem Bereich auf dem Hublift hochgekurbelt. Als sie sich über die Tropfen angesichts des trockenen Wetters verwundert zeigte, sagte eine Bahn-Mitarbeiterin: „Wir wären froh, wenn es Wasser wäre“. Auf Arnades entsetzte Frage, ob es sich um Urin oder andere Abwässer handele, nickten zwei Bahn-Mitarbeiterinnen betrübt. „So etwas geht gar nicht“, empört sich die Geschäftsführerin. „Dann muss der Zug ein Stück vor- oder zurückfahren, oder zumindest müssen die Passagiere mit Schirmen geschützt werden.“

Wer an den Reisegutscheinen interessiert ist, richtet bitte eine mail mit dem Betreff „DB-Fortbildung“ und unter Angabe der Postadresse an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Die beiden ersten InteressentInnen erhalten je einen der Gutscheine.