BTHG: Besser kein Gesetz als dieses!
Der vorgelegte Referentenentwurf zum Bundesteilhabegesetz (BTHG) verdient nach Ansicht der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) diesen Namen nicht, sondern sollte besser Bundesspargesetz genannt werden. Denn nach den derzeitigen Normierungen gehe es laut ISL nicht darum, die Teilhabe behinderter Menschen zu optimieren oder gar ihre Menschenrechte zu realisieren, sondern hinter den wohlklingenden Worten verbergen sich Leistungskürzungen und Zugangsbeschränkungen auf dem Rücken behinderter Menschen und ihrer Angehörigen. Die ISL führt als Begründung für ihre Position vier K.O.-Kriterien auf, die in dem vorliegenden Entwurf enthalten sind:
Keine freie Wahl von Wohnort- und Wohnform
Einschränkung des berechtigten Personenkreises
Verschlechterungen bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung
Regionalisierung statt bundeseinheitlicher Standards
"Angesichts der faktischen Verschlechterungen, die mit diesem Gesetz zu erwarten sind, plädieren wir dafür, einige der geplanten Verbesserungen durch eine Novellierung des SGB IX zu realisieren und sich ansonsten von dem Projekt zu verabschieden", zitiert ISL-Geschäftsführerin Dr. Sigrid Arnade die Stellungnahme für die Verbändeanhörung am 24. Mai in Berlin.
We have a dream: Einen menschenrechtsbasierten Aktionsplan!
Anlässlich der Verbändeanhörung am 20. Mai begrüßt die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) in einer Stellungnahme zwar die Tatsache der Fortschreibung des Nationalen Aktionsplans (NAP), der auch einige sinnvolle Maßnahmen enthalte. Insgesamt unterscheide sich der NAP 2.0 nach Ansicht der ISL aber in seiner unzureichenden Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wenig vom ersten NAP: "Während wir in der Vergangenheit oft angenommen haben, der gute Wille sei zwar vorhanden, die mangelhafte Umsetzung der UN-BRK beruhe jedoch auf Verständnislücken, verfestigt sich angesichts des NAP 2.0 in Zusammenschau mit der Novellierung des BGG und dem Referentenentwurf des BTHG der Eindruck, dass der Bundesregierung die Vereinten Nationen und ihre Empfehlungen im Prinzip egal sind, sie unbeeindruckt weiter gegenteilige Politik verfolgt und man lediglich bemüht ist, einen guten Eindruck zu hinterlassen", fasst ISL-Geschäftsführerin Sigrid Arnade die Position des Verbandes zusammen.
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WIR TRAUERN
Am Tag nach der Abstimmung des Deutschen Bundestages für ein reformiertes Bundesbehindertengleichstellungsgesetz ohne die Verpflichtung privater Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit hat das NETZWERK ARTIKEL 3 eine Traueranzeige zu dieser vertanen Chance der Abgeordneten der CDU/CSU und SPD Bundestagsfraktion veröffentlicht.
"Trotz vielfältiger Gespräch, Appelle und konkreter Formulierungsvorschläge für die Gesetzesreform, trotz Pfeifaktionen vor den Parteizentralen der CDU und SPD, trotz einer 22stündigen Ankettaktion von Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen, haben die Abgeordneten der CDU/CSU und SPD wider besseren Wissens so abgestimmt. Und das trotz konkreter und machbare Alternativen und namentlicher Abstimmung. Das hat uns zu einer Traueranzeige veranlasst, die hoffentlich von vielen Verbänden und Internetangeboten aufgenommen und verbreitet werden", erklärte Dr. Sigrid Arnade vom NETZWERK ARTIKEL 3 heute in Berlin.
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Respekt! - Schlaflos an der Spree

Diejenigen, die in der Zeit von Mittwoch, 11. Mai 17:15 Uhr, bis Donnerstag, 12. Mai 15:15 Uhr, ans Spreeufer in der Nähe des Reichstags gekommen waren und miterlebten, wie Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen bei ihrer Ankettaktion gegen Barrieren und schlechte Gesetze ausharrten, hatten oft nur ein Wort im Munde: "Respekt!". Und genau dieser Respekt gebührt denjenigen, die sich nicht nur mit großem Mut in die Bannmeile zum Protest begeben hatten, sondern zum Teil weit über ihre körperlichen und psychischen Grenzen hinaus gingen, um die Abgeordneten des Bundestages sozusagen in letzter Minute zu überzeugen, dass wir klare Regeln für Barrierefreiheit im privaten Bereich brauchen statt bloßer Appelle und Sonntagsreden.
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Meinungsaustausch im BMAS: Die Sichtweisen gehen weit auseinander
"Es war ein schwieriges Gespräch" bilanzierte Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller aus ihrer Sicht die zweieinhalbstündige Diskussion im Arbeits- und Sozialministerium, die ursprünglich nur für 60 Minuten anberaumt war. Vor dem Hintergrund der Protestaktion am 4. Mai, bei der behinderte Demonstrierende kurzfristig das Ministeriumsfoyer besetzt hatten, machten die behinderten AktivistInnen im Gespräch mit der Staatssekretärin und mit Abteilungsleiter Dr. Rolf Schmachtenberg am 10. Mai sehr deutlich, dass mit dem geplanten Bundesteilhabegesetz (BTHG) Rückschritte in der Behindertenpolitik und Leistungseinschränkungen drohten.
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Wir PFEIFEN auf Barrieren und schlechte Gesetze
Vor den Parteizentralen der CDU und SPD haben behinderte Menschen heute Krach geschlagen:
„Wir haben es satt, mit Versprechen hingehalten und mit halbherzigen Gesetzen abgespeist zu werden! Wir protestieren gegen die Verhinderung von Barrierefreiheit im privaten Bereich und für ein gutes Bundesteilhabegesetz! Wir protestieren dagegen, dass private Anbieter von Dienstleistungen und Produkten, (Geschäfte, Kneipen, Kinos, Veranstaltungen, Online-Angebote, etc.) auch zukünftig nicht barrierefrei sein müssen. Im Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts, das am 12. Mai vom Deutschen Bundestag beschlossen werden soll, sollen dazu nach dem Willen der CDU/CSU und SPD keine angemessenen Vorkehrungen zur Barrierefreiheit privater Anbieter verankert werden. Statt die Diskriminierten schützt die Regierungskoalition die Diskriminierer!
Und wir pfeifen auf den schlechten Referentenentwurf zum Bundesteilhabegesetz, durch den weiterhin das Einkommen und Vermögen behinderter Menschen angerechnet wird, das Vermögen der LebenspartnerInnen einbezogen wird und der zum Teil Verschlechterungen zum Zugang der Leistungen bedeutet. Und wir pfeifen auf die weitere Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechts!“

Behindertenverbände als Geiseln des BMAS?
ein Kommentar von Dr. Sigrid Arnade
In dem vorgelegten Referentenentwurf des BMAS zum Bundesteilhabegesetz (BTHG), der vorige Woche veröffentlicht wurde, geht es zwar auch um einige Verbesserungen, aber doch primär um Leistungskürzungen und Leistungsbeschränkungen, auch wenn bei der Zieldefinition vollmundig immer wieder von der UN-Behindertenrechtskonvention gesprochen wird.
Wo bleibt der Aufschrei der im Deutschen Behindertenrat (DBR) zusammenarbeitenden Verbände, frage ich mich seitdem. Kann es sein, dass das Stockholm-Syndrom die Behindertenverbände befallen hat? Zur Erinnerung: Als Stockholm-Syndrom bezeichnet man das Phänomen der Solidarisierung von Geiseln mit ihren Geiselnehmern.
Was hat das mit dem BTHG zu tun? Dazu ein Rückblick: In einem aufwändigen breit angelegten Beteiligungsprozess hatten die DBR-Verbände die Gelegenheit, ihre Positionen detailliert darzulegen. Massen von Papieren galt es durchzuarbeiten, sich in stundenlangen Telefonkonferenzen abzusprechen, tagelang in Gremien die Positionen darzulegen. Die vielschichtigen Themen wurden vom DBR professionell aufbereitet; die Positionspapiere dem BMAS zugeleitet.
Aber statt mit einem neuen Gesetz Teilhabechancen zu erweitern, ist der Entwurf für ein reines Spargesetz vorgelegt worden, das nicht nur den Kreis der Leistungsberechtigten eingeschränkt, sondern auch bei den Leistungen selbst kürzen will. Qualität oder gar Menschenrechte spielen dabei keine Rolle. Minimale Verbesserungen muss man mit der Lupe suchen.
Wäre dieser Entwurf ohne den breiten Beteiligungsprozess vorgelegt worden, dann wären sich die Behindertenverbände in ihrer strikten Ablehnung einig, da bin ich mir sicher. Aber statt sich über das Ablenkungsmanöver der Beteiligung zu ärgern und die für nichts und wieder nichts vergeudete Lebenszeit zu bedauern, halten die meisten Verbände trotz der vorgelegten ernüchternden Fakten daran fest, für ein gutes Teilhabegesetz eintreten zu wollen frei nach dem Motto „da haben wir soviel Arbeit reingesteckt, das kann doch nicht umsonst gewesen sein.“
Hat das BMAS uns mit dem Beteiligungsprozess in Geiselhaft genommen, so dass wir uns mit der Regierung mehr solidarisieren als mit unseren Mitgliedern? Kolleginnen und Kollegen, vergesst die vergangenen zwei Jahre und werft einen unvoreingenommenen Blick auf den Entwurf. Dann kann unsere Botschaft an das BMAS doch nur lauten: „So nicht, nicht mit uns! Nehmt die wenigen vorgesehenen Verbesserungen und realisiert sie durch eine Änderung des SGB IX. Tretet den Rest in die Tonne!“
Eindrücke vom Protesttag in Berlin: Statue und Video
Ein Blickfang bei der Demonstration am 4. Mai in Berlin war die Freiheitsstatue im Rollstuhl der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL). Vom Moderator darauf angesprochen, ob sie sich amerikanische Verhältnisse hierzulande wünsche, meinte ISL-Geschäftsführerin Sigrid Arnade: "Nicht alles, was aus den USA kommt, ist schlecht! Ich denke da zum Beispiel an das ADA, den Americans with Disabilities Act, der 1990 in Kraft trat und Barrierefreiheit auch bei privaten Rechtsträgern vorschrieb. Die US-amerikanische Wirtschaft ist bisher nicht daran zu Grunde gegangen!"
Ein kurzes Video vom Protesttag haben Mitglieder von Kellerkinder e.V. produziert: https://youtu.be/Gu2J76rnAmA
Der Berliner Verband, in dem sich Menschen mit seelischem Handicap zusammengetan haben, ist seit der ISL-Mitgliederversammlung in Erlangen Ende April neues Mitglied der ISL geworden.
Protesttag: "Besser kein Gesetz als dieses!"
Auf der zentralen Protestkundhebung behinderter Menschen am Brandenburger Tor in Berlin hat Sigrid Arnade, die Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) die derzeitigen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung kritisiert: "Es wird sich damit gebrüstet, dass mit den neuen Gesetzen die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt und Menschenrechte verwirklicht werden sollen. In Wirklichkeit wird das Gegenteil getan und mit dem Entwurf zum Bundesteilhabegesetz wird sogar an uns gespart!"
Arnade bezog sich in ihren Worten vor tausenden DemonstrantInnen zunächst auf die Neuregelung beim Behindertengleichstellungsgesetz, bei dem die privaten Rechtsträger trotz aller Proteste nicht einbezogen werden sollen: "Abwarten und auf Einsicht der Privaten hoffen, wird uns gesagt. Die Erfahrung zeigt uns aber", sagte Arnade, "dass dies nicht funktioniert!"

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Sigrid Arnade ins Kuratorium gewählt
Die Mitgliederversammlung des Deutschen Instituts für Menschenrechte wählte auf ihrer außerordentlichen Sitzung am 19. April 2016 seine sechs Mitglieder für das Kuratorium. Die Wahl erfolgte aufgrund des im Juni 2015 vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetzes über die Rechtsstellung und Aufgaben des DIMR. Gewählt wurden Dr. Sigrid Arnade, (ISL), Selmin Çalışkan (ai), Dr. Mehmet Daimagüler (Rechtsanwalt), Henny Engels (LSVD), Markus Löning und Dr. Beate Wagner.
Bereits im Januar 2016 wählte das Forum Menschenrechte seine drei Vertreter_innen im Kuratorium. Dr. Julia Duchrow (Brot für die Welt), Priv.-Doz. Dr. Michael Krennerich (Nürnberger Menschenrechtszentrum), Christian Mihr (Reporter ohne Grenzen). Der Deutsche Behindertenrat entsendet Ragnar Hoenig (SoVD).
Im März 2016 benannte der Deutsche Bundestag aus dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Dr. Bernd Fabritius, MdB, und Frank Schwabe, MdB, als neue Kuratoriumsmitglieder. Als Vertreter_innen der Zivilgesellschaft benannte er Rechtsanwältin Ute Granold, Markus Lessenthin (IGfM) und Dr. Anja Nordmann (Deutscher Frauenrat). Als Vertreter_innen wissenschaftlicher Einrichtungen mit menschenrechtlichem Bezug benannte er den Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Roland Jahn, Prof. Dr. Markus Krajewski (CHREN) und Prof. Dr. Christine Schirrmacher (Universität Bonn).
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/das-institut/struktur/kuratorium/
BTHG-Entwurf: Sehr ernüchternd!
Am 26. April wurde der lange erwartete Referentenentwurf für das Bundesteilhabegesetz vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales an die Verbände zur Anhörung versandt. Das inklusive Begründung 369 Seiten starke Dokument ist damit der offizielle Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für das Bundesteilhabegesetz, der am 24. Mai zur ersten Anhörung kommt, bevor der Entwurf dann vom Bundeskabinett im Juni oder Juli beschlossen werden kann. Die erste Einschätzung von ISL-Geschäfstführerin Dr. Sigrid Arnade lautet:
"Mit diesem Entwurf ist es nicht gelungen, das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel - Herausführung behinderter Menschen aus dem Fürsorgesystem und die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht - zu erreichen. Es hat kein Systemwechsel stattgefunden. Das Sozialhilfedenken ist nach wie vor maßgebend. Die Bestimmungen der bisherigen Eingliederungshilfe sind weitgehend kopiert und ins SGB IX eingefügt worden. Nach wie vor müssen die Betroffenen die behinderungsbedingt notwendigen Hilfen aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen zahlen, solange sie es können. Eine Herauslösung aus dem Fürsorgesystem hätte bedeutet, dass die Hilfen als Nachteilsausgleiche ohne Eigenbeteiligung erbracht werden oder maximal übergangsweise ein geringer Festbetrag einbehalten wird. Die Vermögensgrenzen sind zwar angehoben worden, aber bei der Einkommensanrechnung wird es zu Verschiebungen, aber kaum zu spürbaren Entlastungen kommen. Die vorgesehenen Bestimmungen stehen im Gegensatz zu den Festlegungen in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN_BRK) und zu den Empfehlungen, die der UN-Fachausschuss in seinen abschließenden Bemerkungen nach der Staatenprüfung Deutschlands vor einem Jahr formuliert hat.
Gar nicht hinnehmbar ist die massive Einschränkung des leistungsberechtigten Personenkreises (§ 99 Entwurf): Demnach sind nur Menschen leistungsberechtigt, die in fünf (von neun) Lebensbereichen ohne Unterstützung nicht teilhaben können oder in drei Lebensbereichen auch mit Unterstützung nicht teilhaben können. Das bedeutet, dass nicht nach dem tatsächlichen Bedarf geschaut wird, sondern nach bürokratischen Kriterien. Ein sehbehinderter Student beispielsweise, der "nur" Unterstützung bei der Kommunikation braucht, fiele raus.
Ein wichtiges Anliegen behinderter Menschen, das Menschenrecht auf freie Wahl von Wohnort und Wohnform (Art. 19 UN-BRK), ist nicht realisiert worden. Vielmehr ist diesbezüglich alles beim Alten geblieben. Immerhin konnten die Verschlechterungen, die sich im Entwurf vom Dezember 2015 abzeichneten, verhindert werden.
Beim Budget für Arbeit (§ 61 Entwurf), dessen Einführung im Prinzip zu begrüßen ist, werden in Absatz 2 den Ländern Abweichungsmöglichkeiten eingeräumt, was bundeseinheitlichen Regelungen zuwider läuft. Das ist zu kritisieren.
Die Einführung einer unabhängigen Beratung (§ 32 Entwurf) entspricht einer Forderung der Behindertenverbände. Die Ausgestaltung bleibt vage und soll in einer Förderrichtlinie konkretisiert werden. Zu kritisieren ist, dass die Förderung durch den Bund bis Ende 2022 befristet ist.
Die Leistungsform der Assistenz, die für ein selbstbestimmtes Leben unabdingbar und auch in der UN-BRK normiert ist, hat zwar in § 78 des Entwurfs Eingang gefunden, ist aber überhaupt nicht verstanden bzw. mit falschen Inhalten gefüllt und dadurch ziemlich entstellt worden.
Die Bestimmungen zum Leistungsort (§ 31 des Entwurfs) verhindern weiterhin, dass behinderte Menschen in der Entwicklungszusammenarbeit tätig werden können, weil Leistungen höchstens noch im grenznahen Ausland erbracht werden. Derzeit gibt es den Fall eines jungen gehörlosen Mannes, der einen Kindergarten für gehörlose Kinder in Pjöngjang aufbaut und dem mit dieser Bestimmung die Finanzierung von Arbeitsassistenz verweigert wird.
Es gibt auch Positives: Die Mitwirkungsrechte der Werkstatträte werden erweitert und Frauenbeauftragte werden in Werkstätten eingeführt. Mein erstes Resümee nach der Lektüre: sehr ernüchternd."
Barrieren vereiteln Bankraub
"Wir dürfen wegen des fehlenden Bundesteilhabegesetzes nicht sparen und können dann nicht mal barrierefrei ne Bank ausrauben", so kommentierte Raul Krauthausen kürzlich ein Video, das von der Aktion Mensch zusammen mit der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) unter dem Motto "Gleiche Chancen für Alle" erstellt wurde. Nachdem das Video vor kurzem beim Parlamentarischen Frühstück zum Behindertengleichstellungsrecht der LIGA Selbstvertretung seine Premiere hatte, steht dieses nun Online zur Verfügung.
"Extrem-Banking barrierefrei? Wir wollen ja niemand auf dumme Gedanken bringen… ;-) Aber im Ernst: Ohne Barrierefreiheit kann Inklusion nicht funktionieren. Wer im Rollstuhl sitzt, kann Stufen nicht ohne Hilfe überwinden. Ohne Aufzug oder Rampe bleibt er oder sie draußen. Ein blödes Gefühl", heißt es zu dem in Youtube eingestellten Video von der Aktion Mensch. Mit dem Video soll vor allem Rahmen der parlamentarischen Beratungen im Bundestag zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts auf pfiffige Weise für die Verankerung der Verpflichtung privater Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit geworben werden. Das Gesetz soll am 12. Mai 2016 vom Plenum des Deutschen Bundestages verabschiedet werden.
Link zum Video mit Audiodeskription: https://www.youtube.com/watch?v=9nHay7FiSDs
Link zum Video ohne Audiodeskription: https://www.youtube.com/watch?v=T9W-djZHP3M
Bundesteilhabegesetz: Entwurf auf den Tisch!
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) hat das unwürdige Geschachere um den Referentenentwurf für ein Bundesteilhabegesetz (BTHG) scharf kritisiert. Auf ihrer Mitgliederversammlung in Erlangen forderten die Mitglieder die Regierung am Wochenende auf, endlich den lange versprochenen Gesetzentwurf zu veröffentlichen: "Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die gesellschaftliche Teilhabe und Menschenrechte Behinderter voranbringen, so behauptet sie jedenfalls", betonte Vorstandsmitglied Uwe Frevert. "Wieso wird ein solches Gesetz dann als Spielball oder Verhandlungsmasse in den Bund-Länder-Finanzausgleich eingebracht, um am Ende doch wieder verschoben zu werden?"
Wenn das Bundesteilhabegesetz wirklich eines Tages auf dem Tisch liegen solle, so müsse es auch echte Verbesserungen beinhalten. Dazu gehöre als Erstes, dass das Gesetz bundeseinheitliche Regelungen bringe und keine Gesetzgebung an die Länder verteile. Dies würde eine Eingliederungshilfe nach Kassenlage der Bundesländer bedeuten, so die ISL. Zum Zweiten müsse das Gesetz die freie Wahl von Wohnort und Wohnform für behinderte Menschen garantieren, so wie es auch die UN-Behindertenrechtskonvention vorsehe: "Es dürfen uns keine Assistenzpersonen vorgeschrieben werden, mit denen wir nicht einverstanden sind", so Frevert. "Dies verletzt unsere Würde und unsere Intimsphäre!" Als dritten unverzichtbaren Bestandteil eines neuen Gesetzes müsse es die bedarfsdeckende Hilfe und Assistenz geben, so die Mitgliederversammlung. Es dürfe nicht sein, dass behinderte Menschen erst dann Hilfe erhalten sollen, wenn sie in fünf von neun Lebensbereichen Bedarf haben. Eine solche bürokratische Regelung gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei und diene nur dazu, den Zugang zu notwendiger Unterstützung zu verengen.
Ferner müsse die Anrechnung von Einkommen und Vermögen abgeschafft werden, so die ISL. Behinderung dürfe nicht arm machen. Um ihre Forderungen auch optisch zu unterstreichen, stellte die ISL auf der Mitgliederversammlungen in Erlangen erstmals eine überdimensionale Freiheitsstatue im Rollstuhl vor: "Diese Figur symbolisiert für uns, dass wir die gleichen Bürger- und Menschenrechte wie alle anderen auch haben", so Frevert, und die wollen wir auch endlich verwirklicht sehen!"
Angebot für Fahrt zur Demo am 4. Mai in Berlin
Dieses Jahr gibt es für alldiejenigen, für die eine Teilnahme an der bundesweiten Demonstration für ein gutes Bundesteilhabegesetz am 4. Mai in Berlin sonst sehr schwierig wäre, einen besonderen Service. Andreas Vega vom Reisedienst des Verbund behinderter ArbeitgeberInnen (VbA) aus München koordiniert derzeit die kostengünstige Fahrt von verschiedenen Orten Deutschlands und Unterkünfte in Berlin. .
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Koalitionsverhandlungen an UN-Konvention ausrichten
Angesichts der anstehenden Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hat die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) die Parteien aufgefordert, ihre Verhandlungen bei Themen, die behinderte Menschen betreffen, an der UN-Behindertenrechtskonvention auszurichten und die Selbstvertretung behinderter Menschen zu stärken.
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