Graf Fidi rapt für Inklusion
Berlin (kobinet) Graf Fidi rapt nicht nur für Inklusion, sondern ist auch als Sozialpädagoge in der Jugendarbeit tätig. Mit dem Inklusionsbotschafter sprach kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul darüber, wie er zu seinem Engagement gekommen ist und welche Erfahrungen er mit seiner Beeinträchtigung in der Jugendarbeit macht.
kobinet-nachrichten: Unter dem Künstlernamen Graf Fidi machen Sie nicht nur Rap-Musik, sondern setzen sich auch für Inklusion ein. Was hat Sie zu diesem Engagement veranlasst?
Graf Fidi: 2011 begann ich mein Studium der sozialen Arbeit an der evangelischen Hochschule Berlin. Bei der Einführungsveranstaltung im Audimax fiel mir sofort auf, dass der Zugang zum Gebäude nicht barrierefrei war. Weder eine Rampe, geschweige denn ein Fahrstuhl, war vorhanden. Als ich daraufhin die Behindertenbeauftragte fragte, warum es keinen Zugang für behinderte Studierende gebe, antwortete sie: "Das Gebäude ist denkmalgeschützt und die Uni hat kein Geld für Umbaumaßnahmen." Diese Antwort wollte ich nicht hinnehmen. Ich schrieb einen Songtext, indem ich alle mir ersichtlichen Barrieren an der Uni aufzählte und drehte dazu ein Musikvideo. Dieses stellte ich auf YouTube und kurze Zeit später bekam es nicht nur die Studenten, sondern auch der Kanzler der Uni sowie die Behindertenbeauftragte zu sehen. Vier Semester später wurde ein Fahrstuhl gebaut. Dieses Musikvideo sehe ich rückblickend als Startschuss für meinen Einsatz im Bereich der Inklusion.
kobinet-nachrichten: Ein Motto Ihres Wirkens ist: "Ich mache das mit links". Welche Erfahrungen machen Sie nicht nur mit diesem Motto, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass Sie behinderungsbedingt wirklich vieles mit links machen, in der Jugendarbeit, wo Sie als Sozialarbeiter tätig sind?
Graf Fidi: In meiner Arbeit als Sozialpädagoge habe ich immer wieder mit Kindern und Jugendlichen zu tun. Kinder sind im Gegensatz zu Erwachsenen sehr direkt und haben keine Scheu davor, das zu sagen, was sie denken. Deshalb kriege ich des Öfteren die Frage gestellt: "Warum hast du nur sechs Finger? Warum läufst du so komisch? Warum benötigst du für längere Strecken einen Rollstuhl?" Ich erkläre Ihnen, dass es für mich normal ist sechs Finger zu haben, so normal es für sie ist, zehn Finger zu haben. Meistens reicht diese Antwort schon aus. Nach ein paar Minuten kommt dann eher die Frage: "Kannst du mir einen Fußball herausgeben, oder wolle Monopoly spielen?" Viele Kinder sind auch erstaunt was ich, trotz meiner körperlichen Einschränkungen, alles machen kann. Und wenn ich dann doch einmal Hilfe benötige, sind sie alle sehr hilfsbereit und wetteifern geradezu darum, wer mir helfen darf.
kobinet-nachrichten: Das Thema der Inklusion kommt zuweilen in schwierigen Diskussionen ziemlich trocken daher. Welche Erfahrungen machen Sie, wenn Sie das Thema mit der Musik verbinden?
Graf Fidi: Durchweg positive. Ich denke mein großer Vorteil als Künstler ist es, Themen der Inklusion (die hin und wieder aufgrund der Nutzung von Fachwörtern bzw. der Fülle von Informationen eher trocken sind), durch meine Musik zu vereinfachen. Des Weiteren habe ich die Möglichkeit in meinen Songtexten ein gewisses Maß an Wortwitz und Selbstironie mit einfließen zu lassen. Ich denke, dies macht meine Musik für ZuhörerInnen interessant und lässt sie die Inklusion aus einem anderen Blickwinkel betrachten.
Diskussionen zu dem Thema sind wichtig und sie sollten sachlich fundiert und mit dem gewissen Maß an Ernsthaftigkeit vorangetrieben werden. Meine Aufgabe ist es, die Inklusion in lyrischer Form zu verbreiten und das Ganze mit einem Augenzwinkern.
kobinet-nachrichten: Seit kurzem sind Sie ja auch als Inklusionsbotschafter bei einem von der Aktion Mensch geförderten und von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) durchgeführten Projekt aktiv. Was wären zwei Wünsche, die Sie in Sachen Inklusion hätten, wenn die gute Fee, Sie danach fragen würde?
Graf Fidi: 1. Eine Barrierefreierer Struktur in den Großstädten. 2. mehr Arbeitsplätze mit entsprechend angemessener Vergütung für Menschen mit Behinderung.
kobinet-nachrichten: Vielen Dank für das Interview und weiterhin gute Inspiration für Ihre Texte und Auftritte.